Fressattacke

Gestern war es soweit, ich hatte eine Fressattacke.

Es begann am Arbeitsplatz. Ich hatte mich geärgert, war müde und mein Schnupfen plagte mich obendrein. Ich kaufte mir eine Tüte Lakritz, um die Trockenheit im Hals zu verbessern, und aß die Tüte innerhalb von 10 Minuten auf. Danach war mir schlecht.

Als ich nach Hause kam warteten Theo und meine Mutter schon auf mich. Theo musste zum Arzt und wurde von seinem Betreuer abgeholt. Auf diese zwei Stunden, die er beim Arzt sein würde,  hatte ich mich sehr gefreut,denn seit ich bei ihm wohne, habe ich keine Zeit mehr ganz für mich allein gehabt. Nun hatte aber meine Mutter ein großes Bedürfnis über ihren Tag mit Theo zu reden. Die Uhr tickte, meine Mutter sprach sich aus und in mir wuchs immer mehr innere Unruhe. Ich wollte meine Mutter nicht verletzen, indem ich sie fortschickte. Schließlich sorgt sie sich um ihren Bruder und muss seine Alzheimer Erkrankung erst mal akzeptieren. Sie blieb noch fast eine Stunde. Danach war der Hund dran, der im Moment auch ständig zu kurz kommt. Und dann musste ich noch einkaufen. Dabei ist es passiert. Ein Becher Eis „Toblerone“ landete im Einkaufskorb. 185 ml, keine 500, damit rechtfertigte ich diesen Kauf. Als nächstes kamen Orangen, eine Dose Artischockenherzen, Brot, Bananen und Yoghurt.

Das alles wurde dann zu meinem Abendessen. Erst das Eis, dann die Artischocken, was Gesundes muss sein, danach habe ich dann alle Käsereste aus dem Kühlschrank verschlungen – ohne Brot – Gorgonzola, Tilsiter, Bergkäse, Camembert. Danach eine Orange und auch noch eine zweite. Schließlich folgten dann 2 Becher Yoghurt und danach fühlte ich mich elend. Den Rest des Abends verbrachte ich damit, mir immer wieder zu sagen, dass so ein Ausrutscher passieren kann, dass es der Stress war, dass morgen ein neuer Tag kommt, an dem ich diese Kalorienbomben ausgleichen kann usw. usw.

Heute? Nun heute hatte mein Lieblingskollege Geburtstag. Er brachte Chili Con Carne und frischen Butterkuchen mit. Ich konnte nicht widerstehen. Heute Abend gab es dafür nur Knäckebrot und ein paar Äpfel, die ich mir mit Theo teilte. Er guckt jetzt ein bisschen Fernsehen, so dass ich schnell ein paar Zeilen schreiben kann. Er vermisst seine Frau und ich werde mich gleich zu ihm setzen.

Ein Schritt zurück

Ich komme gut mit dem erhöhten Arbeitspensum klar, tue, was zu tun ist, und vernachlässige mich selbst.

Gestern und heute kein Spaziergang in der Pause, weil es einfach keine Pausen gab. Aber, ich habe es ohne Süßigkeiten geschafft. Abends dann der große Hunger, es mussten Nudeln sein, mit viel Käse sein und Thunfisch und Schinken und Tomatensoße und  saurer Sahne und Champignons und Erbsen. Das Ganze wurde dann zu einem Auflauf verarbeitet. Ebenfalls gut, ich habe nicht gleich 500 g Nudeln für 2 Personen verarbeitet, sondern „nur“ 350 – 400 g.

Ich vermelde ebenfalls mit Stolz, dass mein Mann und ich (vor allem ich) nicht alles aufgefuttert haben. Nur die Käsekruste, die hab ich natürlich ganz aufgezehrt.

Zum Trost habe ich ein bisschen im Internet gesurft und auf mindestens drei Seiten bestätigt bekommen, dass Stress nicht nur Lust auf Süßes macht, sondern auch das Bedürfnis nach Fettigem, Kalorienreichen. Der Körper stellt bei der Verarbeitung von Fetten nämlich einen Stoff her, der  die Produktion von Serotonin fördert, sodass auch Fettes, Deftiges, Reichhaltiges die Seele tröstet.

Aber das wussten wir ja alle schon, oder? Nur schön, immer mal wieder Schwarz auf Weiß zu lesen, dass dieser Heißhunger bei Stress durchaus auch einen Sinn für den Körper hat, nämlich einen tatsächlichen Mangel auszugleichen, und nicht nur  Ausdruck von Willensschwäche, Gier und Fresssucht ist. Wobei diese Wirkung bestimmte Nahrungsmittel letzere bestimmt mit auslöst.

Stress hat für mich übrigens wenig mit viel Arbeit zu tun. Solange die Arbeit läuft, ist das ok, auch mal keine Pause zu machen. Aber es gibt ein paar andere Dinge sowohl auf der Arbeit als auch zu Hause, die zeitgleich nerven. Eine fette Nachzahlung von meinem Strom- und Gasanbieter, eine Kollegin, die auf ganz unangenehme Art die anderen aus dem Team bei mir anschwärzt, ein neuer Mitarbeiter, der alle zwei Minuten in der Tür steht und so gar nichts hinkriegt. Das Ganze getoppt von meinem Bedürfnis nach Kontrolle, meiner noch nicht voll ausgebildeteten Fähigkeit zu delegieren und meiner ausgeprägten Neigung zur Selbstüberforderung und einem Hang zum Perfektionismus.  Um das ganze zu toppen, ist meine Arthrose wieder aktiv und jeder Schritt schmerzt im Moment. Ebenfalls typisch für Stress. Er manifestiert sich immer an der schwächsten Stelle, bei manchen an der Psyche, bei anderen am Magen und bei mir halt in der Hüfte.

Jammer, jammer, jammer, aber jetzt ist genug gejammert. Morgen ist schon Freitag und dann werde ich mir ein schönes, stressfreies Wochenende machen. Es soll ja regnen und ich habe mir DVDs von meiner Lieblingsserie ‚Desperate Housewives‘ besorgt. Freu mich schon jetzt aufs Gucken 🙂

Katastrophenmontag

Der Tag begann mit einem langen Hundespaziergang um 05.30 Uhr. Die Autobahn war heute morgen weitestgehend staufrei, die Musik im Radio mitreißend und ich hatte ein breites Grinsen im Gesicht, als ich auf der Arbeit ankam.

Keine zwei Minuten da, steht Karsten bei mir im Büro. Er hat sich am Wochenende beim Fußball den Arm gebrochen und gleichzeitig noch einen Grippevirus eingefangen. Ist nur gekommen, um eine Übergabe machen zu können.

Karsten ist der erfahrenste Psychologe in einem zwar kleinen, aber für unsere Einrichtung sehr wichtigem Projekt. Neben ihm gibt es noch Karin, Sozialpädagogin, und Marcel, der erst wenige Wochen bei uns ist und frisch von der Uni kommt. Er ist noch nicht eingearbeitet.

Karsten und ich hatten grade einen Notfallplan entwickelt, als Karin zu mir ins Büro kam. Blass, verschnupft und heiser.

Also, habe Marcel, in dessen Augen ein großes P (für Panik) leuchtete, in die Sitzung mit den Klienten geschickt und auch mit Karin eine Übergabe gemacht. Mich dabei innerlich von der Vorstellung verabschiedet, diese Woche endlich meine eigenen Gutachten fertig zu kriegen und pünktlich nach Hause zu fahren.

Statt dessen hat sich mein Arbeitspensum verdreifacht. Nebenbei habe ich noch zwei weitere neue Mitarbeiter in einem anderen Projekt, die ebenfalls noch nicht ganz sattelfest sind. Die werden aber vom Team gut aufgefangen, während in unserem Spezialprogramm jetzt nur noch Marcel und ich übrig sind.

Für meinen Abnehmplan stehen die Ampeln jetzt auf Gelb: ich muss aufpassen, den Stress nicht als Entschuldigung zu nehmen, Schokolade und Eis in mich hineinzustopfen. Ich muss aber auch aufpassen,  mir trotzdem die Zeit für meine kleinen Walkingpausen zu nehmen. Und das werde ich jetzt machen, sofort und auf der Stelle.

Mein Motto für die nächsten Tage: „Ruhe bewahren“