Momentaufnahme

Am Freitag vertrat unsere Geschäftsleitung die Position, dass unsere Klienten weiterhin kommen dürfen. Selbst wenn sie nicht mehr kommen, werde die Mitarbeiter wohl ins Büro müssen. Homeoffice findet unsere Geschäftsleitung blöd, also werde ich wohl in den nächsten Tagen weiterhin nach Hamburg pendeln und hoffen, dass ich das Virus nicht nach Hause schleppe, zu meinem kranken Mann.

Erstmals gehören wir beide zu der gefährdeten Bevölkerungsgruppe. Das sorgt für Unbehagen, das erste Mal fühle ich einen Hauch von Angst. Meine Kinder nehmen das Virus nicht so ernst, sie gehen davon aus, dass sie es schnell wegstecken. Ich hoffe, sie haben Recht.

Alles, was uns noch vor einer Woche so wichtig erschien, tritt in den Hintergrund. Die Schlagzeilen werden von einem Thema beherrscht, auch ich lese als Erstes alles über die neuesten Entwicklungen hinsichtlich Corona. Die Welt scheint still zu stehen.

Ich hoffe, meinem Freund im Iran geht es gut. Auch er gehört zur Risiko-Gruppe mit Herzproblemen und Diabetes. In seiner letzten Nachricht hatte er große Angst, sprach davon, dass alle um ihn herum sterben. Ich mache mir Sorgen, seit fast 2 Wochen habe ich nichts mehr gehört.

Mein Onkel, den ich sehr liebe, ist über 80 und er hat schon vier Bypässe. Er ist gefährdet, ebenso meine Tante und meine Mutter, einfach weil sie schon betagt sind, wenn auch sonst gesund und fit. Meine Mutter ist in der Nähe, ich kann für sie einkaufen. Aber solange ich zur Arbeit gehe, sollte ich ihr wohl nicht zu nahe kommen, denn ich habe jeden Tag Kontakt zu Menschen. Ich möchte sie keinem Risiko aussetzen, sie soll leben und noch viele Wanderungen machen. Onkel und Tante leben 130 km entfernt, da wird es schwierig mit dem täglichen vorbeischauen. Sie haben keine Kinder, ich hoffe, die Nachbarn werden helfen. Ich werde sie jeden Tag anrufen.

Mein Sohn in Berlin ist selbstständig und wird jetzt mehrere Wochen kein Einkommen haben. Das wird ihn zurückwerfen, aber Geld ist nicht alles, Hauptsache er bleibt gesund. Alles andere findet sich.

Mein jüngerer Sohn arbeitet im Handel. Er wird Montag zur Arbeit gehen, wie immer. Vielleicht muss er einen Mundschutz tragen. Seine Frau hat jetzt Zwangsurlaub, denn die Kleine kann nicht mehr in die Kita. Ich werde mich mit Besuchen zurückhalten müssen. Das fällt schwer.

Meine Nichte arbeitet in der Pflege, das wird sicher eine harte Zeit für sie. Sollten Kollegen zuhause bleiben müssen, kommen Doppelschichten oder gestrichene freie Tag auf sie zu. Hoffentlich kommt dieses Virus nicht über die Schwelle des Heims (oder irgendeinem anderen Heim).  

Die Leute in unserer Straße sind alle im mittleren Alter oder jung. Gibt es jemanden, um den wir uns kümmern müssen? Mir fällt spontan niemand ein.

Frische Luft tut gut. Ich werde gleich in den Garten gehen, dort ein wenig aufräumen und das Wort Corona vergessen. Stress schädigt unsere Abwehrkräfte, Bewegung an frischer Luft stärkt uns. Der Hund muss Gassi gehen, da gehe ich mit.

Mal sehen, was uns morgen erwartet.

Pflichten

Trinas Alltagswelt von A – Z: P wie Pflichten

Pflichten sind Dinge, die ich tun muss, weil der Gesetzgeber, mein Arbeitsvertrag, die Gemeindeordnung und die Satzung meines Sportvereins das so vorschreiben. Wenn ich meinen Pflichten nicht nachkomme, kann das Konsequenzen haben. Die durch Gesetze festgelegten Pflichten dienen dazu, dass alles ordentlich und vorhersehbar seinen Gang geht und die Gemeinschaft funktioniert. Trotzdem sträubt sich manchmal alles in mir, diesen Pflichten nachzukommen. Warum soll ich meine Steuererklärung bis zum 31.05. machen? Warum muss ich Wildkräuter aus dem Rinnstein entfernen? Sie stören mich doch nicht! Und warum haben wir auf der Arbeit immer noch keine Gleitzeit? Wäre doch durchaus möglich, wenn man ein bisschen umorganisiert.

Da ich ein relativ pflichtbewusster Mensch bin, komme ich meinen Bürgerpflichten zähneknirschend, und manchmal leicht verspätet nach. Ich verstehe, dass es so sein muss, aber manchmal fühle ich mich durch sie in meiner Selbstentfaltung behindert. Das ist der rebellische Teenager in mir. Der ist allerdings erst im Erwachsenenalter zutage getreten.

Als Kind und Jugendlich habe ich Eiskunstlauf gemacht. Da gibt es eine Pflicht und eine Kür. Obwohl ich die Pflicht eigentlich nicht mochte, hat sie mir bei Wettbewerben sehr geholfen. Da ich ein schüchternes Kind war, fiel es mir schwer, bei der Kür aus mir herauszugehen und zu zeigen, was ich kann. Bei der Pflicht hingegen wusste ich genau, was von mir erwartet wird und das gab mir Sicherheit. Bei der Pflicht gab es auch kaum Zuschauer, das erleichterte mir die Sache ungemein und so schaffte ich es trotz mäßig temperamentvoller Kür doch immer auf die vorderen Plätze.

Anders als früher liebe ich heute die Kür. Auf der Arbeit erfülle ich die Vorgaben meines Arbeitsvertrages, aber am liebsten mag ich die kreativen Anteile meiner Arbeit, neue Ideen und Vorgehensweisen entwickeln und Ideen zu präsentieren. Meine Kollegin ist da ganz anders. Sie ist nie auch nur eine Minute zu spät, ihre Dokumentation und Berichte sind stets pünktlich und korrekt geschrieben, ihr Schreibtisch penibel aufgeräumt und sie vergisst nie einen Termin. Sie erledigt zuerst ihre Pflichten, egal, ob sie Lust dazu hat oder nicht. Ich beneide sie manchmal, denn ich verliere mich oft in einem Projekt oder einer Idee und dann kommt es mir erst kurz vor Feierabend in den Sinn, dass ich bestimmte Sachen noch an diesem Tag noch erledigt haben muss. Dann zwingt mich mein Pflichtgefühl, länger auf der Arbeit zu bleiben und die Sache noch zu erledigen. Selbstdisziplin und Pflichtbewusstsein ergänzen sich  wunderbar, das zeigt mir Karins Beispiel immer wieder. Da wir zu enger Zusammenarbeit gezwungen sind, gibt es allerdings immer mal wieder Reibereien zwischen uns, aber das ist ein anderes Thema.

Hausarbeit empfinde ich wie wohl die meisten Menschen als lästige Pflicht, die ich nur allzu gern vor mir herschiebe. Dabei weiß ich, dass sie notwendig sind, damit um mich herum nicht alles im Chaos versinkt. Nichts ist schlimmer, als Montagmorgen vorm Kleiderschrank zu stehen und alle Blusen sind entweder in der Wäsche oder müssen noch gebügelt werden. Dann festzustellen, dass der Thermosbecher noch ungespült im Auto liegt und zu allem Überfluss noch ein Besuch an der Tanke ansteht, bevor ich Richtung Autobahn starten kann. Ich spreche da aus Erfahrung, denn trotz eines gewissen Pflichtverständnisses fehlt mir leider viel zu oft die Selbstdisziplin und die Bequemlichkeit siegt.

Ich wünsche Euch einen guten Start in die Woche!

 

Urlaubsende

Morgen geht es wieder los zur Arbeit. Braungebrannt, mit deutlich kleineren Augenringen, ausgeschlafen, erholt und voller Optimismus.

Die Monate vor dem Urlaub waren schwierig, hoch emotional und aufwühlend. Es gab viele Kündigungen und das Betriebsklima war destruktiv. Nie zuvor habe ich mich so ausgelaugt vom Job gefühlt wie in diesem Jahr. Ich hoffe, das liegt nicht am Alter…

Wir sind zwei Wochen mit unserem Wohnmobil von Ort zu Ort gezogen, durchs Sauerland, den Westerwald, durch das Rheinland und entlang der Mosel, waren an der Nahe und der Saar. Nach einigen Tagen waren alle Gedanken an die Arbeit verschwunden. Wie gut, dass es Urlaub gibt!

Nun wünsche ich mir, dass ich bis zum nächsten Urlaub die Herausforderungen im Job mit klarem Verstand, innerer Distanz und Tatkraft meistern werde, statt vor lauter Emotionen und Selbstzweifeln den Überblick zu verlieren.

Heute aber, am Sonntag, gebe ich mich noch einmal der Muße hin, ganz bewusst, denn um Krisen zu bewältigen ist Kraft sammeln ganz wichtig, nicht wahr?

 

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Dieses Bild symbolisiert für mich den Urlaub: einfach dahingleiten, das Farbenspiel genießen, meine eigenen Wege gehen.