Noch mehr Gedanken zum Thema Kreativität

“Kreativität” umweht ein Hauch des Besonderen. Kreative Menschen werden bewundert, sie sind Schauspieler, Musiker, Maler oder Sterneköche. Ihre Handwerkskunst ist herausragend, sie sind in der Lage, Gefühle und Stimmungen auszudrücken und uns die Welt aus anderer Perspektive näherzubringen. Sie sind Künstler.

Wir nehmen an, dass in den “Kreativen  Berufen” ,in der Werbebranche, im Design, der Produktion von Musikvideos oder der Entwicklung von Spielen Menschen beschäftigt sind, die über ein besonders hohes Maß an Kreativität verfügen. Wer sich zu dieser Gruppe zählen darf, dem umgibt ebenfalls ein Hauch des Besonderen.

Dabei vergessen wir, dass Kreativität auf allen beruflichen Ebenen ihren Ausdruck finden kann. Da gibt es den Konditor, der seine Torten besonders ausgefallen dekoriert, den Pädagogen, der ungewöhnliche Methoden findet, seine unruhige Klasse zur Mitarbeit zu bewegen, den Landschaftsgärtner, die die Farben der Pflanzen ungewöhnlich kombiniert, oder die Servicmitarbeiterin, die die Patienten der Rehaklinik durch kleine Gesten erfreut. Überall gibt es die Möglichkeit, den Ort, an dem wir sind, ein kleines bisschen mitzugestalten. Als ich in der Reha war, habe ich mich z. B. ganz besonders über die liebevolle und kreative  Art der Servicedame gefreut, die meinen Pyjama immer wieder neu gefaltet hat:

Schmetterling
Schmetterling
Das gibt ein gutes Gefühl
Das gibt ein gutes Gefühl

Je mehr wir unsere beruflichen Tätigkeiten als Aufgabe verstehen, die wir gestalten,  und je mehr Freude wir an unserem Beruf haben, desto leichter fällt es uns, auch hier unsere Kreativität zu leben.

Jedem von uns wohnt Kreativität inne, aber nur die wenigsten von uns trauen sich, ihrer Kreativität Ausdruck zu verleihen oder sich selbst als kreativ zu bezeichnen. Die Meßlatte hängt zu hoch, denn nur was qualitativ hochwertig, ungewöhnlich und einzigartig erscheint, gilt als kreativ.  Die Bewertung kreativer Arbeit erstickt die Entfaltung unserer Kreativität schon im Keim. Da gestalten wir lieber unseren Garten, wie die Nachbarn es auch tun, folgen penibel jedem Rezept, singen nur unter der Dusche und  malen nach Zahlen,  statt unsere eigenen schöpferischen Kräfte zu nutzen.

Ich wünsche uns allen den Mut, unserer Kreativität im Alltag und im Beruf wo immer möglich Ausdruck zu verleihen. Es ist ein menschliches Grundbedürfnis und bereichert oft auch das Leben anderer Menschen.

Nun, es ist bekanntlich alles leichter gesagt als getan. Um Ideen zu entwickeln, den Impuls zu bekommen, etwas neu zu gestalten bedarf es vor allem eins: Muße. Unter Zeitdruck oder wenn der Kopf voll mit Alltagsproblemen ist , geht unsere Kreativität schnell verschüttet. Wir müssen ihr Raum geben, sich zu entfalten. Auch im Alltag.

Wir müssen ihr aber auch zuhören. Wie oft haben wir eine tolle Idee, den Impuls, etwas zu gestalten und lassen dann zu, dass diese Energie im Sande verläuft. Manchmal blockieren uns auch unsere inneren Schweinehunde: dann erscheint es zu aufwändig, dies oder jenes zu tun oder sich abends tatsächlich noch mal hinzusetzen, um  zu nähen oder zu malen. Doch es lohnt sich, den inneren Schweinehund nicht die Oberhand gewinnen zu lassen, denn auch wenn wir erstmal eher lustlos an eine Sache herangehen, passiert es oft, dass das Tun unsere Kreativität wieder wachrüttelt und sie zu fließen beginnt.

Übrigens, ich weiß selbst nicht, warum das Thema Kreativität mich diese Woche so gar nicht los lässt. Vielleicht liegt es daran, dass ich angefangen habe, Malstunden zu nehmen? Ich bin selbst überrascht, wie glücklich ich mich beim Malen fühle.

 

Der innere Schweinehund

Seit über 50 Jahre lebe ich nun mit meinem inneren Schweinehund und man sollte meinen, dass ich ihn mittlerweile  gut genug kenne, um ihn zu bändigen. Leider ist dem nicht so, denn der innere Schweinehund hat sich vermehrt und besteht mittlerweile aus einer ganzen Sippschaft. Einige Exemplare stelle ich Euch gern einmal vor:

– Der Schmeichler: 

Dieser erscheint vor allem abends oder am Wochenende, wenn Putzen, Bügeln oder sonstige ungeliebten Pflichten auf dem Programm stehen. Mit liebevoller Stimme suggeriert er mir, dass ich an diesem Tag (oder dieser Woche) doch wirklich schon ganz viel gemacht und getan hätte und mir wirklich eine Pause verdient hätte. Er lobt mich und umschmeichelt mich, bis ich endlich auf dem Sofa liege.

– Der Fürsorgliche

Während der Schmeichler eher an Tagen auftritt, an denen ich mich eher fit und dynamisch fühle, kommt der Fürsorgliche an Tagen, an denen ich eh schon ein wenig zu Selbstmitleid neige. Scheinbar liebevoll erinnert er mich daran, dass ich gut für mich selbst sorgen und mit meinen Kräften haushalten müsse, denn schließlich wartet ja auch am nächsten Tag noch viel Arbeit auf mich. Er bestätigt mir, dass ich niemanden einen Gefallen tue, wenn ich wegen Erschöpfung krank werde und es wirklich verdiene, mal einen Tag gar nichts zu tun.

– Der Rationalist

Dieser kommt gar nicht auf den Gedanken, mir meine guten Intentionen auszureden. Stattdessen kommt er mit guten, nachvollziehbaren Argumenten und schlägt mir manchmal richtig gute Alternativen vor. Warum nach der Arbeit ins Fitness-Studio gehen, wenn draußen die Sonne scheint und ich doch auch bei einem schönen Spaziergang mit dem Hund etwas für meine Gesundheit tue. Recht hat er, und während ich selbstzufrieden nach Hause fahre, informiert er schon den Fürsorglichen oder Schmeichler, der mir dann suggeriert, dass die übliche kleine Runde auch reicht.

– Der Rebell

Der Rebell mag keine Pflichten. Er lehnt sich gegen Regeln auf. Er trotzt. Er erklärt mir, dass die Erledigung von Pflichten ein Mittel zur Unterdrückung von Kreativität und Selbstentfaltung ist und dass es im Leben fürwahr wichtigere Aufgaben gibt, als das, was grade was ansteht. Ist es nicht wichtiger, sich mit Mitarbeitern und Kollegen auszutauschen, statt diese blöde Statistik zu führen? Blöde Bürokratie!! Nicht mit mir, diese Statistik mach ich irgendwann, wenn es nichts Wichtigeres gibt. Es wird deutlich, dass der Rebell und der Rationalist eng befreundet sind und sich gern gegenseitig unterstützen.

Der Kritiker und seine Frau 

Die beiden sind die heimtückischsten von allen und treten in den meisten Fällen als Paar auf. Sie kommen eher selten in mein Büro, sondern sabotieren am liebsten die Dinge, bei denen ich selbst noch ein bisschen unentschlossen bin.

So hatte ich schon letzten Samstag die Idee, über den inneren Schweinehund zu schreiben. Sofort teilte der Kritiker mir mit, dass dies ein total ausgelutschtes Thema ist und so umfassend, dass man das gar nicht in einem Artikel verarbeiten kann. Seine Frau setzte noch einen drauf, indem sie mich daran erinnerte, dass darüber schon Bücher geschrieben seien, die so gut sind, dass ich da gar nicht mithalten kann.

Nun mag der Eine oder Andere denken, dass der Kritiker nicht zur Horde der Schweinehunde gehört, sondern eine innere Stimme ist, die unser Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl unterminiert. Das trifft aber nicht zu. Der innere Kritiker ist viel mächtiger und subtiler. Der innere Kritiker- Schweinehund hingegen hält mich von ganz konkreten Projekten ab, die ich in Angriff nehmen möchte. Sie suggerieren mir, dass es sicherer und sinnvoller ist, vor dem Fernseher sitzen zu bleiben, statt Zeit und Energie zu investieren, um etwas zu machen, das mit Anstrengung verbunden ist und möglicherweise nicht gut gelingt. Sie versuchen mich auf den bekannten Pfaden zu halten, die Bequemlichkeit über das Schaffen zu stellen und wenn sie merken, dass sie ihre Macht über mich verlieren, dann rufen sie gern den Schmeichler und den Fürsorglichen zur Hilfe.

Dieser Horde von inneren Schweinehunden gelingt es immer wieder, mein Vertrauen zu erschleichen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie vordergründig immer nur mein Bestes im Sinn haben. Geht man ihnen aber auf dem Leim, dann hat man früher oder später immer Ärger mit ihnen. Die Statistik wird unter hohem Zeitdruck und Überstunden erstellt, Montagmorgen, wenn es schnell gehen muss, ist nichts zum Anziehen da und die Selbstachtung sinkt auch noch angesichts all dieser Nachlässigkeiten. Und schon während ich dies hier  schreibe, kommt ein süßes kleines Ferkel anmarschiert, das mir zugrunzt, dass es fast allen Menschen mit ihren Schweinehunden so geht wir mir, es also gar keinen Grund gibt, dem Reiz  dieser Bande  zu widerstehen zu wollen. .

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“

Dieser Spruch geht mir seit Sonntag durch den Kopf. Ich weiß nicht, wo ich ihn gehört habe, aber er trifft den Nagel auf den Kopf.

Selbsterkenntnis ist eine feine Sache. Ebenso wichtig ist es, aus der Erkenntnis, was ich ändern möcht, Schritte und Handlungsstrategien zu entwickeln. Mit anderen Worten, ich weiß, wie ich meine Ziel erreichen kann. Zumindest in der Theorie. Denn in der Praxis klappt es nicht wirklich.

Statt den Spaziergang in der Mittagspause zu machen, habe ich 1000 gute Gründe am Schreibtisch sitzen zu bleiben. Der wichtige Anruf, der Bericht, der fertig sein muss, der Mitarbeiter, der was klären will. Alles gute Gründe, aber, ganz ehrlich, ein 15minütiger Spaziergang wäre trotzdem drin.

Mehr Aktivität, ein Besuch im Fitnessstudio oder ein langer Spaziergang am Abend. Niemand hält mich davon ab, es gibt kein wirkliches Argument dafür, auf dem Sofa einzudösen. Aber, ach, heute bin ich ja so müde, und beim Einkaufen bin ich schon so viel gelaufen, morgen passt es besser….

Ist dieser innere Schweinehund wirklich nur mangelnde Motivation? Faulheit? Bequemlichkeit?

Wenn es um das Abnehmen geht, dann sicherlich ja. Aber was ist mit dem Vorsatz, öfter ‚Nein‘ zu sagen, fürsorglicher mit mir selbst umzugehen, auf meine Bedürfnisse zu achten. Mein Leben aktiver zu gestalten, mich schöner zu kleiden und Neues auszuprobieren und zu lernen?

Veränderung bedeutet Anstrengung. Von allein passiert nichts. Nur wenn ich etwas tue, kann ich etwas verändern.

Veränderung bedeutet auch Risiko, denn möglicherweise fühlen sich andere gestört, wenn ich mich anders verhalte, als gewohnt. Vielleicht sind sie dann ärgerlich auf mich. Es könnte auch sein, dass das Neue sich als Mogelpackung herausstellt, oder das etwas schief geht. Veränderung macht auch ein bisschen Angst.

Trotzdem, es führt kein Weg daran vorbei: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Oder: wenn auf Worte keine Taten folgen, dann bleibe ich beim Wegweiser stehen, statt mich auf den vielbeschworenen Weg zum Ziel zu machen.

Den ersten Schritt mache ich gleich in der Mittagspause: 15 Minuten spazierengehen. Über die weiteren Schritte werde ich berichten. Versprochen.