Der innere Schweinehund

Seit über 50 Jahre lebe ich nun mit meinem inneren Schweinehund und man sollte meinen, dass ich ihn mittlerweile  gut genug kenne, um ihn zu bändigen. Leider ist dem nicht so, denn der innere Schweinehund hat sich vermehrt und besteht mittlerweile aus einer ganzen Sippschaft. Einige Exemplare stelle ich Euch gern einmal vor:

– Der Schmeichler: 

Dieser erscheint vor allem abends oder am Wochenende, wenn Putzen, Bügeln oder sonstige ungeliebten Pflichten auf dem Programm stehen. Mit liebevoller Stimme suggeriert er mir, dass ich an diesem Tag (oder dieser Woche) doch wirklich schon ganz viel gemacht und getan hätte und mir wirklich eine Pause verdient hätte. Er lobt mich und umschmeichelt mich, bis ich endlich auf dem Sofa liege.

– Der Fürsorgliche

Während der Schmeichler eher an Tagen auftritt, an denen ich mich eher fit und dynamisch fühle, kommt der Fürsorgliche an Tagen, an denen ich eh schon ein wenig zu Selbstmitleid neige. Scheinbar liebevoll erinnert er mich daran, dass ich gut für mich selbst sorgen und mit meinen Kräften haushalten müsse, denn schließlich wartet ja auch am nächsten Tag noch viel Arbeit auf mich. Er bestätigt mir, dass ich niemanden einen Gefallen tue, wenn ich wegen Erschöpfung krank werde und es wirklich verdiene, mal einen Tag gar nichts zu tun.

– Der Rationalist

Dieser kommt gar nicht auf den Gedanken, mir meine guten Intentionen auszureden. Stattdessen kommt er mit guten, nachvollziehbaren Argumenten und schlägt mir manchmal richtig gute Alternativen vor. Warum nach der Arbeit ins Fitness-Studio gehen, wenn draußen die Sonne scheint und ich doch auch bei einem schönen Spaziergang mit dem Hund etwas für meine Gesundheit tue. Recht hat er, und während ich selbstzufrieden nach Hause fahre, informiert er schon den Fürsorglichen oder Schmeichler, der mir dann suggeriert, dass die übliche kleine Runde auch reicht.

– Der Rebell

Der Rebell mag keine Pflichten. Er lehnt sich gegen Regeln auf. Er trotzt. Er erklärt mir, dass die Erledigung von Pflichten ein Mittel zur Unterdrückung von Kreativität und Selbstentfaltung ist und dass es im Leben fürwahr wichtigere Aufgaben gibt, als das, was grade was ansteht. Ist es nicht wichtiger, sich mit Mitarbeitern und Kollegen auszutauschen, statt diese blöde Statistik zu führen? Blöde Bürokratie!! Nicht mit mir, diese Statistik mach ich irgendwann, wenn es nichts Wichtigeres gibt. Es wird deutlich, dass der Rebell und der Rationalist eng befreundet sind und sich gern gegenseitig unterstützen.

Der Kritiker und seine Frau 

Die beiden sind die heimtückischsten von allen und treten in den meisten Fällen als Paar auf. Sie kommen eher selten in mein Büro, sondern sabotieren am liebsten die Dinge, bei denen ich selbst noch ein bisschen unentschlossen bin.

So hatte ich schon letzten Samstag die Idee, über den inneren Schweinehund zu schreiben. Sofort teilte der Kritiker mir mit, dass dies ein total ausgelutschtes Thema ist und so umfassend, dass man das gar nicht in einem Artikel verarbeiten kann. Seine Frau setzte noch einen drauf, indem sie mich daran erinnerte, dass darüber schon Bücher geschrieben seien, die so gut sind, dass ich da gar nicht mithalten kann.

Nun mag der Eine oder Andere denken, dass der Kritiker nicht zur Horde der Schweinehunde gehört, sondern eine innere Stimme ist, die unser Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl unterminiert. Das trifft aber nicht zu. Der innere Kritiker ist viel mächtiger und subtiler. Der innere Kritiker- Schweinehund hingegen hält mich von ganz konkreten Projekten ab, die ich in Angriff nehmen möchte. Sie suggerieren mir, dass es sicherer und sinnvoller ist, vor dem Fernseher sitzen zu bleiben, statt Zeit und Energie zu investieren, um etwas zu machen, das mit Anstrengung verbunden ist und möglicherweise nicht gut gelingt. Sie versuchen mich auf den bekannten Pfaden zu halten, die Bequemlichkeit über das Schaffen zu stellen und wenn sie merken, dass sie ihre Macht über mich verlieren, dann rufen sie gern den Schmeichler und den Fürsorglichen zur Hilfe.

Dieser Horde von inneren Schweinehunden gelingt es immer wieder, mein Vertrauen zu erschleichen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie vordergründig immer nur mein Bestes im Sinn haben. Geht man ihnen aber auf dem Leim, dann hat man früher oder später immer Ärger mit ihnen. Die Statistik wird unter hohem Zeitdruck und Überstunden erstellt, Montagmorgen, wenn es schnell gehen muss, ist nichts zum Anziehen da und die Selbstachtung sinkt auch noch angesichts all dieser Nachlässigkeiten. Und schon während ich dies hier  schreibe, kommt ein süßes kleines Ferkel anmarschiert, das mir zugrunzt, dass es fast allen Menschen mit ihren Schweinehunden so geht wir mir, es also gar keinen Grund gibt, dem Reiz  dieser Bande  zu widerstehen zu wollen. .

12 Kommentare zu „Der innere Schweinehund

  1. Lasst bloss nicht den inneren Schweinehund zu nah an die innere Schweinehuendin-die vermehren sich wie Karnickel….

  2. Ja, ja, redegewandt sind sie, die kleinen Geister, die uns davor bewahren wollen, uns gar zu sehr anzustrengen oder ihr bequemes Dasein in unserem Leben zu gefährden.

  3. Ach, deine inneren Schweinehunde erinnern mich sehr an meine Innere Damenband, mit der ich vor jeder auch noch so klitzekleinen Entscheidung stundenlange Grundsatzdiskussionen führen muss! 🙂

  4. Du ahnst gar nicht, wie geschickt die sind. Lassen sich immer neue Tricks einfallen. Bin grade wieder mit so einem Kerl zugange, der mir weismachen will, dass es viel wichtiger ist, hier was zu schreiben, als meinen Aufgaben am Arbeitsplatz nachzugehen, denn schließlich muss ich mich erst mal von dem furchtbaren Stau heute morgen erholen 🙂

  5. Oh mein Gott, so schnell vermehren die sich?? Ich hatte schon den Verdacht, das meiner alleine nicht so viel Energie entwickeln kann…..Danke für die Info…Bin mal gespannt, wer sich noch so in mein Zuhause einschleicht…LG Claudi und einen schönen Tag.

  6. Jaja, der liebe innere Schweinehund…
    Meiner kennt auch viele Tricks… Und obwohl ich die alle kenne, falle ich immer wieder drauf rein.

  7. Danke! Schlimm ist nur, dass die Viecher sich vermehren immer raffinierter werden, nicht wahr?

  8. *grins* Die kenne ich auch alle nur zu gut. Vorallem im Moment sind die mit mir sehr laut am Streiten. Versohlt gehören die alle zusammen.
    Schön geschrieben!
    Liebe Grüsse
    Charlotte

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