Vor einiger Zeit habe ich von Frau G. berichtet. Sie begann ihr erstes Praktikum wie vereinbart an einem Montag. Schon nach wenigen Tagen teilte sie Frau Mandel mit, dass sie mit einer täglichen Arbeitszeit von 6 Stunden überfordert sei und diese auf 4 Stunden reduziert habe. Frau Mandel, noch ganz freundlich, wies sie darauf hin, dass sie in der Unterrichtsphase täglich 7 Stunden gut geschafft habe und dass es völlig normal sei, die ersten Tag als sehr anstrengend zu empfinden.
Frau G. reagierte unwirsch und warf Frau Mandel vor, ihre Krankheit nicht genug zu berücksichtigen. Es folgte eine Krankschreibung für eine Woche. Der Praktikumsbetrieb lehnte daraufhin die weitere Zusammenarbeit mit Frau G. ab, da sie in den drei Tagen, die sie im Praktikum war, nicht durch Motivation und Freundlichkeit geglänzt hatte.
Nach ihrer Genesung erschien Frau G. bei Frau Mandel im Büro und erklärte, dass sie nun ein Praktikum als Erzieherin in einem Kinderheim machen möchte. Vorsichtig wies Frau Mandel sie darauf hin, dass dies angesichts ihrer eigenen Geschichte, ihrer Erkrankung und ihrer psychischen Instabilität kein so guter Gedanke sei. Sie schlug Frau G. vor, zunächst weitere Praktika z. B. in der Hauswirtschaft einer Kita zu machen. Frau G. reagierte erneut mit Empörung. Solche Sklavenarbeiten werde sie nicht machen. Grade weil sie so viel durchgemacht hätte, könnte sie sich gut in andere hineinversetzen. Erneut drohte sie mit Beschwerde, diesmal nicht bei der Arbeitsagentur vor Ort, sondern direkt in Nürnberg. Dann verschwand Frau G. im Unterricht.
Später am Tag holten Frau Mandel und ich sie noch einmal gemeinsam zum Gespräch. Frau G. zeigte sich einsichtig, und räumte ein, ein wenig zu emotional reagiert zu haben. Wir verabredeten uns für ein weiteres Gespräch am Freitag mit ihr, um über ihre weitere Berufsperspektive zu sprechen.
Am Donnerstag erschien Frau G. nicht zum Unterricht. Gegen Mittag erhielten wir ein Fax, in dem Frau G. uns mitteilte, dass sie sich bei einem anderen Träger vorgestellt habe, der ihr eine Tätigkeit im sozialen Bereich zutraute. Am Freitag erhielten wir eine Krankschreibung über weitere zwei Wochen. Ich gehe nicht davon aus, dass wir Frau G. wieder sehen werden. Allerdings rechne ich mit einer Beschwerde. Unglücklicherweise sind wir es, die sich in so einem Fall rechtfertigen müssen.
Zum besseren Verständnis der Geschichte: wir arbeiten mit psychisch kranken Menschen. Es gibt viele Menschen, die unter Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Angsterkrankungen u. ä. leiden und sehr erfolgreich im sozialen Bereich tätig sind. Diese Menschen sind meist gut über ihre Erkrankungen informiert, kennen sich selbst und ihre Grenzen und sind trotz ihrer psychischen Leiden stabil.
Eine Teilnehmerin wie Frau G. ist psychisch nach wie vor instabil. Sie erkennt zwar, dass sie krank ist, hat aber noch nicht gelernt, die Verantwortung für sich und für ihre Erkrankung zu übernehmen. Ihr Wunsch, mit Kindern zu arbeiten, beruht auf einer Idealvorstellung sowohl vom Wesen der Kinder als auch von den Rahmenbedingungen des Berufes.
Danke. Nur leider gibt es auch Menschen, die einem ständig Steine in den Weg legen wollen. (Solche Arbeitskollegen habe ich gerade.). Wir arbeiten für u.a. psychisch Kranke und sie können Arbeitskollegen mit sowas nicht gleichberechtigt – auf gleicher Augenhöhe wie sie selbst sehen. – v.a. wenn man deutlich eine Verbesserung der Symptomatik sieht. Für mich ist das gerade sehr schwer zu verstehen. Das Authentische und ehrliche können die von mir gerade nicht ab haben. Sie haben innerlich so viel Groll, den sie am schwächsten Auslassen und versuchen zu Manipulieren. Achtsamkeit – Annehmen was ist – ohne zu bewerten ist bei uns gerade etwas wo nur sehr wenige versuchen umzusetzen. LG desweges
Es ist toll, dass Du soweit gekommen bist, Deine Grenzen kennen- und akzeptieren zu lernen. Ich glaube, für Menschen, die in irgendeiner Weise psychisch beeinträchtigt sind bzw. schon früh Verhaltensmuster und Einstellungen erlernt haben, die ihnen schaden, ist es ein lebenslanger Weg zu lernen, sich selbst und seine Grenzen zu akzeptieren und mit ihnen zu leben. Jeder, der sich dieser Herausforderung stellt, verdient Anerkennung und Unterstützung auf diesem Weg.
Ja, die Grenzen muss man kennen. Ich bin selbst Betroffene. Auch ich habe eine solche Erkrankung. Ich habe aber auch meine Zeit gebraucht um meine Grenzen kennenzulernen. LG desweges