Seit einigen Monaten lese ich immer mal wieder in dem Buch „Gesundheit für Körper & Seele“ von Louise L. Hay. In diesem Buch geht es um Selbstliebe.
Selbstliebe bedeutet laut Hay die bedingungslose Anerkennung und Wertschätzung der eigenen Person. Laut Hay wird jeder Mensch mit dem Selbstverständnis, vollkommen zu sein geboren. Während des Heranwachsend wird uns dann auf vielerlei Weise vermittelt, dass wir fehlerhaft und nur bedingt liebenswert sind. Unser Mangel an Selbstliebe zeigt sich darin, wie wir mit uns umgehen. Er zeigt sich in fehlendem Selbstwertgefühl und ist die Wurzel aller menschlichen Probleme.
Ist also auch Übergewicht ein Ausdruck mangelnder Selbstliebe?
In den vergangenen Tagen, habe ich, ihren Vorschlägen entsprechend, mal geguckt, was mich eigentlich davon abhält, abzunehmen. Oder, mit anderen Worten, welche Widerstände mich beim Abnehmen behindern.
Nun, Essen gibt mir ein Gefühl von Stärke. Viel Gewicht zu haben, bewahrt mich davor, dass mich etwas umhauen kann. Ich esse, um diese vermeintliche Stärke aufrechtzuerhalten. „Ich kann das schon“, „ich mach das schon“, “ darum kümmere ich mich“, „das kriegen wir schon hin“ sind meine Standardsätze auf der Arbeit und im Privaten. Und ich kümmere mich um alles, kriege alles hin, mache, auch wenn es andere könnten und bin immer wieder gern der „Fels in der Brandung“.
Aber so ein Fels braucht natürlich Masse, nicht wahr? Schließlich muss er ja auch von etwas gehalten werden, und das ist eben das Essen.
Hinter dieser Einstellung, immer stark und verfügbar sein zu müssen, steckt jedoch wiederum ein Glaubenssatz, nämlich der, nicht wichtig zu sein. Die Überzeugung, dass die Wünsche und Bedürfnisse anderer Menschen wichtiger sind, als meine eigenen und die Einstellung, dass ich andere Menschen nicht enttäuschen darf, sondern das tun muss, was sie (vermeintlich) von mir erwarten.
Solche Einstellungen und Überzeugungen werden in frühster Kindheit erworben und in den seither vergangenen 50 Jahren habe ich wirklich ausreichend Zeit gehabt, mir diese bewusst zu machen und durch gesündere Einstellungen zu ersetzen. Das ist mir auch gut gelungen, bei großen und wichtigen Entscheidungen nehme ich mich sehr wichtig und mein Leben ist im Großen und Ganzen gut. Ich empfinde mich als recht stabil und belastbar. Und trotzdem zeigen sich immer mal wieder so kleine Reste dieser alten Glaubenssätze im Alltag. So, wie eben beim Essverhalten.
Sich selbst nicht wichtig zu nehmen und die eigenen Bedürfnisse zu leugnen, ist laut Louise Hay ein Ausdruck fehlender Selbstliebe.
Um abzunehmen, muss ich mir zugestehen, wichtig zu sein, damit ich im Alltag meine Wünsche und Bedürfnisse bzw. meine Arbeit und Pläne für genauso wichtig erachte, wie die der anderen. Damit ich mir, im vergeblichen Bemühen, allen und allem gerecht zu werden, „Stärke“ nicht mehr anfuttern muss.
Man mag sich darüber streiten, ob die Affirmationen, die Frau Hay zur Lösung aller Probleme vorschlägt, wirklich sinnvoll und nutzbringend sind und man sollte viele ihrer Aussagen kritisch hinterfragen. Aber ich stimme ihr zu, wenn sie sagt, dass ein Mangel an Selbstliebe und dem daraus resultierendem Mangel an Selbstwertgefühl vielen anderen Lebensproblemen zugrunde liegt.
Über dieses Thema gibt es noch viel zu sagen/schreiben. Für jeden Gebenden gibt es einen Nehmenden, der für sein Nehmen persönliche, religiöse oder gesellschaftlich bedingte Rechtfertigungen findet. Man kann dies z. B. sehr gut in der Arbeitswelt beobachten, besonders offensichtlich in Bereichen wie der Pflege oder in der Sozialarbeit.
Unsere individuellen Probleme sind von den gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen wir leben, nicht zu trennen. Allerdings ist es heute nicht mehr modern, sich diese Zusammenhänge deutlich zu machen, heute wird vieles, was in den 70iger Jahren als gesellschaftlicher Missstand galt, als persönliches Versagen ausgelegt. Wer den Anforderungen, gleichzeitig eine gute Mutter, beruflich erfolgreich sowie attraktiv, fit und gesundheitsbewusst zu sein nicht gerecht wird, fragt sich heute eher, was er falsch macht, oder wie er durch Entspannungstechniken, noch gesünderer Ernährung oder was auch immer diesem Bild gerecht werden kann. Es sind wenige, die hinterfragen, ob dieses Bild realistisch ist oder ob die Rahmenbedingungen, unter denen Menschen diesen Anforderungen gerecht werden möchten, dies auch zulassen.
Ich denke, du hast in Worte gefasst, was viele Frauen so empfinden ohne sich zu erlauben, es laut zu sagen oder auch nur in klare Gedanken zu fassen. Wir sind die Gebenden. Das ist die Rolle, die wir von der Gesellschaft, von den Obrigkeiten aller großen monotheistischen Weltreligionen auf die Schultern gelegt bekommen. Rackern ja, aber mitsprechen, mitbestimme, selbstbestimmen – wo kämen wir denn dahin… Und wer immer nur gibt, der fühlt sich ausgelaugt und muss das irgendwie wieder zurückgewinnen.
Das glaube ich Dir! Manchmal hat man klare Momente und die Umsetzung ist dann doch wahnsinnig schwer, gell? Ich drücke Dir dennoch die Daumen!
Danke Susaenna, ich finde es leicht, strukturiert zu denken, aber die Umsetzung der Erkenntnisse in den Alltag, das ist eine lebenslange Aufgabe, mit der ich gut zu tun habe 🙂
Ich danke Dir für Deinen Beitrag – er hat mich auch wieder an verschiedene Dinge erinnert. Ich finde es klasse, wie strukturiert und scheinbar klar, Du diese Erkenntnisse beschreibst! *thumbs up* & ganz viel Erfolg dabei, mehr an Deinen Belangen zu arbeiten und Dich wichtig zu nehmen!