Valentinstag?

Heute ist Valentinstag.  Der Tag, der den Liebenden und Verliebten gewidmet ist.

Ich bin wahrscheinlich die denkbar ungeeignete Person, um über diesen Tag zu schreiben.

Warum?

Weil ich irgendwann in meinem Leben aufgehört habe, an die ewig wärhende romantische Liebe zu glauben. Daran, dass romantische Liebe zwischen Mann und Frau ewig währen kann und  die Quelle des Lebensglücks ist. Meine Lebenserfahrung hat mich etwas anderes gelehrt.

Ja, ich finde den Rausch des Verliebtseins wundervoll. Die Sehnsucht, die Verschmelzung, die Schmetterlinge im Bauch. Das ist aufregend, lustvoll und schön, aber ein Zustand der auf Dauer nicht zur Alltagsbewältigung taugt.

Irgendwann muss sich die Verliebtheit in ein tiefes Gefühl der Verbundenheit wandeln, müssen die Verliebten zu besten Freunden werden, müssen lernen, die Schwächen des anderen zu akzeptieren, ebenso wie sein Stärke. Sie müssen ein Gleichgewicht in der Beziehung herstellen zwischen Geben und Nehmen und lernen, sich Verantwortung zu teilen. Sie müssen es vielleicht sogar ertragen, wenn der Partner Niederlagen erleidet oder Fehler macht, die das eigene Leben nachhaltig beeinflussen. Manche Paare müssen mit schweren Krankheiten leben, sodass ein Partner über längere Zeit die Hilfe des anderen braucht ohne etwas zurückgeben zu können. Dann kann  Liebe oder Partnerschaft zu einer Aufgabe werden, die belastet. Viele stellen sich dann die Frage, wo ihr eigenes Leben bleibt? Anstand und ein Gefühl der Verpflichtung werden dann oft zum Kitt der Beziehung oder die Angst vor den Schuldgefühlen und der Meinung der anderen.

Aber auch ohne große Lebenskrisen ist es notwendig, sich gegenseitig dauerhaft als eigenständige Menschen zu erleben und zu respektieren und nicht zur besseren Hälfte zu werden, die so selbstverständlich ist wie das Zähneputzen am Morgen.  Bei all diesen Herausforderungen, so wünsche es sich die meisten, soll dann auch noch eine Liebesbeziehung bestehen und Lust auf den anderen.

Was für eine Herausforderung!

Ich bin einmal daran gescheitert. Jetzt, beim zweiten Mal, erlebe ich Beziehung oft als Zweckgemeinschaft. Manchmal frage ich mich, ob ich alleine nicht glücklicher wäre und an manchen Tagen finde ich meinen Partner gar nicht toll, da nerven mich seine Macken und ich sehe seine Schwächen glasklar. Ich denke im Übrigen, dass es meinem Partner nicht anders geht. Manchmal bin ich besserwisserisch und ich habe den Hang, alles bestimmen zu wollen. Ich kann ziemlich arrogant sein und neige dazu, zu jammern, statt etwas zu tun und ich erlaube dem Hund, in unser Bett zu kommen. Ich bin nicht immer nett.

Warum wir überhaupt zusammen sind? Nun, da gibt es einige praktische und wirtschaftliche Erwägungen, die eine wichtige Rolle spielen. Ich gehe auf die 60 zu und eine Partnerschaft gibt Sicherheit in vielen Dingen. Aber es gibt auch die gemeinsamen Erlebnisse und die Zeiten, in denen wir zusammen auf ein Ziel zuarbeiten. Dann weiß ich, dass es gut und richtig ist, diesen Partner an meiner Seite zu haben. Manchmal, für einen kurzen Moment, sehe ich auch wieder den Mann, in den ich mich verliebt habe. Das ist dann meist nur eine kleine Geste, eine bestimmte Art zu lächeln, aber das reicht, um mich daran zu erinnern, warum ich mich einmal für ihn entschieden habe.

Ist das vielleicht Liebe? Habe ich mich womöglich immer noch nicht von den romantischen Spinnereien aus meiner Teenagerzeit und den frühen Erwachsenenjahren getrennt?

Bei uns gibt es heute keine roten Rosen und kein Sektfrühstück, auch keine Schokolade und kein romantisches Abendessen. Wir feiern unsere Beziehung nicht.Es ist ein Sonntag, wie alle anderen. Das ist ok, aber hätte mir jemand vor 30 Jahren gesagt, dass ich einmal so denken würde, dann hätte ich protestiert. Aber wie!!!

Ein Brief

Lieber M.,

heute hätten wir unsere Silberhochzeit. Wären 25 Jahre verheiratet gewesen. Hätten mit Stolz auf unsere Söhne schauen können, uns gemeinsam an ihrer tollen Entwicklung freuen können. 

In 8 Tagen haben wir unseren 13. Scheidungstag.

Ich weiß nicht, wer Du heute bist. Als unsere Söhne noch zuhause bei mir lebten, haben wir manchmal  ein paar Minuten am Telefon miteinander geredet. Sogar hin und wieder gemeinsam gelacht, über das Älterwerden und die Zipperlein, die uns plagen. Ich erzählte Dir von unseren Söhnen und Du sagtest mir, was Du darüber denkst.

Wir haben in einer Kirche geheiratet. Dein Vater hat uns getraut. Bis heute fühle ich mich Dir verbunden. Du bist mir nicht gleichgültig, auch wenn es Zeiten gab, wo ich mir gewünscht habe, Dich nie wieder zu sehen.

In den 14 Jahren unserer Beziehung haben wir nie aufgehört, miteinander zu reden. Auch ganz am Schluss nicht. Es gab immer etwas, worüber es zu reden gab. Wir haben nicht viel über uns geredet, aber über das, was wir erlebt hatten, habe über Politik diskutiert und über die Nachbarn gelästert.

Du hast einen großen Teil von Dir vor mir versteckt. Du hast wohl geahnt, dass ich diesen Teil nicht annehmen konnte. Aber wenn man beginnt, Dinge voreinander zu verschweigen, dann beginnt das Auseinanderdriften. Wie so viele Menschen, haben wir es einfach geschehen lassen. Manchmal frage ich mich, wie unsere Geschichte verlaufen wäre, wenn ich damals schon die gewesen wäre, die ich heute bin.

Manchmal vermisse ich Dich. So wie heute. Wir könnten uns gemeinsam an unseren Söhnen erfreuen und irgendwann unsere Enkelkinder verwöhnen. Gemeinsam auf eine schwierige, aber gelungene Beziehung zurückblicken und stolz darauf sein, es gemeinsam geschafft zu haben.

Nun, unsere Wege haben sich getrennt, und auch Du hast Dich verändert. Den Mann, den ich vermisse, gibt es heute nicht mehr.  Es tut mir Leid, dass ich Dir manchmal weh getan habe und Du sollst wissen, dass ich mich heute vor allem an die guten Zeiten erinnere.

Ich wünsche Dir ein glückliches Leben.

T.

Alte Bekannte: Frau Mandel und Frau Pelle

Vor einigen Monaten habe ich über meine beiden Mitarbeiterinnen, Frau Mandel und Frau Pelle geschrieben. Nun haben beide ihre Probezeit überstanden und sind gut eingearbeitet.

Frau Pelle brachte mich in den ersten Wochen oft innerlich zur Weißglut, hatte sie doch auf  jeden Hinweis und jede Kritik von mir ein „Ja, aber ….“ bereit. Es fiel ihr schwer zu akzeptieren, dass unsere Arbeit komplex ist und dass ein jeder eine gewisse Zeit braucht, um auch die Feinheiten unserer Tätigkeit zu beherrschen. Sie wollte alles richtig und perfekt machen. Mittlerweile haben wir uns zusammen gerauft und sie entwickelt sich prächtig.

Frau Mandel hingegen zeigte sich stets kooperativ und einsichtig. Trotzdem ärgere ich mich zunehmend über sie. Sie weiß, wie man Sympathien gewinnt, und das nutzt sie für sich. Mittlerweile ist sie in der Firma, insbesondere bei den männlichen Mitarbeitern, sehr gut vernetzt. Unglücklicherweise vergisst sie darüber ihre eigenen Klienten. Für die hat sie nämlich immer weniger Zeit, weil sie ständig für Kollegen aus anderen Abteilungen einen kleinen Gefallen zu erledigen hat. Mal ein Gutachten erstellen, weil deren Psychologin grad so viel zu tun hat, mal ein Einzelcoaching für jemanden, der dafür eigentlich gar nicht vorgesehen ist.

Es gelingt Frau Mandel nicht, eine Beziehung zu ihren Klienten herzustellen, wenn sie über diese spricht, dann mit sind ihre Aussagen zwar richtig, bleiben aber an der Oberfläche. Sie geht nicht in die Tiefe, sie stellt fest, aber sie zieht keine Schlussfolgerungen. Statt dessen wendet sie sich dem nächsten zu, weil sie das auch soooo interessant findet. Sie hält alle Arbeitsschritte ein, sie arbeitet zügig und viel, aber sie vermittelt nie den Eindruck, dass ihr die Arbeit mit diesen gesundheitlich doch schwer eingeschränkten Menschen, am Herzen liegt.

Unsere Mitarbeiter haben viele Freiräume und unsere Abteilungen arbeiten eng zusammen. Und Frau Mandel erkennt nicht, wo ihr Platz ist, trotz mehrerer Mitarbeitergespräche, in der ich meine Beobachtungen und Bedenken geäußert habe.  Die (männlichen) Kollegen aus den anderen Abteilungen verniedlichen das Problem („das war doch nur eine Stunde…“)

Natürlich frage ich mich, was ihre Motive sind. Sie möchte gemocht werden, das ist klar, und sie baut dabei auf ihre großen Augen und ihr hübsches Gesicht. Sie möchte sich jedoch auch in der Firma etablieren und unentbehrlich machen. Unglücklicherweise erhält sie von den männlichen Mitarbeitern viel Unterstützung, denn die freuen sich natürlich, dass da jemand ist, der schnell mal etwas für sie tut und dabei noch hübsch aussieht. Ich habe noch nicht erlebt, dass sie unseren bärtigen, männlichen Psychologen um Unterstützung bitten. Merkwürdigerweise trauen ihr die männlichen Kollegen sehr viel mehr zu als ich, allerdings arbeiten besagte Kollegen auch nicht mit psychisch Erkrankten, sondern mit Unfallverletzten und Langzeitarbeitslosen und finden die Klienten, die wir betreuen, ohnehin eher gewöhnungsbedürftig.

Die Kollegen, die sehr eng mit Frau Mandel zusammen arbeiten und immer häufiger Dinge auffangen müssen, die sie vernachlässigt hat, grenzen Frau Mandel zunehmend aus. In den Teamsitzungen muss ich sie auffordern, mit ihr zusammen zu arbeiten, niemand kommt mehr auf die Idee, ihr Hilfe oder die Zusammenarbeit anzubieten. Frau Mandel nimmt dies nicht wahr oder es berührt sie nicht sonderlich, denn schließlich hat sie mittlerweile genug Kontakte im Haus, wo sie sich Anerkennung und Bauchpinselei holen kann.

Ganz ehrlich, ich hoffe, dass bald eine Stelle in einem anderen Bereich frei wird, und ich Frau Mandel dafür wärmstens empfehlen kann.

Bitte denkt nicht, dass ich auf ihre Jugend und ihr Aussehen neidisch bin. Frau Pelle ist genauso jung und genauso hübsch, aber sie ist ernsthaft und gibt sich große Mühe, alle Aspekte der Tätigkeit zu erlernen. Das Projekt, in dem Frau Mandel arbeitet, liegt mir besonders am Herzen, denn dort betreuen wir Menschen, denen niemand mehr zugetraut hat, noch einmal in ihrem Leben zu arbeiten. Ich habe den Bereich aufgebaut und stecke in jedem Detail und das Team hat es tatsächlich geschafft, alle Klienten wieder in Lohn und Brot zu kriegen. Ich bin sehr stolz auf diese Arbeit und unterstütze mein Team, wo ich nur kann und ich möchte nicht, dass unsere gute Qualität durch die Flatterhaftigkeit einer Therapeutin untergraben wird.