Liebe – eine Definition

Vor einiger Zeit habe ich über ‚Coursera‘, einer Plattform, auf der Universitäten kostenlos Seminare und Vorlesungen anbieten, einen Kurs über positive Psychologie absolviert*. Simpel ausgedrückt ging es darum, welche Dinge dazu führen, dass Menschen ein glückliches Leben führen.

Wie erwartet war auch Liebe ein großer Faktor für Glück, wobei Liebe folgendermaßen definiert wurde:

“an interpersonal experience marked by momentary increases in shared positive emotions,  biobehavioral synchrony and mutual care,which  over time, builds  embodied rapport (f.e. we clicked),  social bonds and  commitment “

Ein wenig lässig übersetzt bedeutet dies, dass Liebe ein Erlebnis zwischen Menschen ist, mit einer vorübergehenden Zunahme an geteilten guten Gefühlen, sowohl körperlich als auch gefühlsmäßig ähnlichen Empfindungen oder Reaktionen und gegenseitiger Anteilnahme. Wenn sich solche Momente über einen längeren Zeitraum zwischen Menschen wiederholen, entsteht dabei eine ganz persönliche Beziehung, die durch ein Gefühl der Verbundenheit und persönlicher Hingabe geprägt ist.

Liebe ist demnach kein dauerhaftes Gefühl, sondern das Resultat von geteilten positiven Erfahrungen und gegenseitiger An-teil-nahme. Ein Gefühl von Liebe kann also nicht nur zwischen Paaren, sondern auch zwischen guten Freunden, innerhalb der Familie oder für einen kurzen Moment sogar zwischen Fremden geschehen.

Das Teilen von positiven Empfindungen wie z. B. gemeinsames Lachen, Interesse und Engagement für ein Thema usw. tragen dazu bei, dass Liebe entstehen kann. Finden wir einen Menschen, mit dem wir ganz viele solcher Momente erleben,  entwickelt sich diese besondere Beziehung, in der wir tiefe Übereinstimmung empfinden, eine Bindung zueinander eingehen und füreinander da sind.

Ich lebe schon lange mit meinem Partner zusammen und im Laufe der Jahre ist die Gegenwart des anderen selbstverständlich geworden. Wir bewältigen gemeinsam einen Alltag und gehen davon aus, einander in- und auswendig zu kennen. Mit Mitte 50 und Anfang 60 sind wir ein bisschen bequem geworden und überlassen vieles der Routine.

Lieben wir uns?

Ganz ehrlich, es hat Phasen gegeben, an denen ich meinte, dass es die Gewohnheit ist, das gemeinsame Konto und das gemeinsame Haus, das uns zusammen hält. Doch so ganz stimmt das nicht. Dieser Kurs hat mich dazu gebracht, einmal darauf zu achten, ob und wie häufig ich mit meinem Partner positive Empfindungen teile. Es waren mehr, als ich dachte, denn, auch das habe ich im Kurs gelernt, negative Gefühle sind oft heftiger als positive und wir behalten Negatives länger in Erinnerung. Es lohnt, sich die guten Momente bewusst zu machen und ganz gezielt auf sie zu achten. Ich habe festgestellt, dass diese Momente entstehen, wenn wir etwas tun, das wir beide mögen, z. B. wenn wir zu einer Reise oder einem Ausflug starten. Aber auch bei ganz banalen Dingen, wie dem Einkaufen, dem Rumwuseln im Garten oder beim Essen gibt es diese Augenblicke, in denen ich  weiß, dass es zwischen uns  Liebe gibt.

Hiermit ist noch längst nicht alles zum Thema ‚Liebe‘ gesagt. Im Gegenteil, es ist ein unerschöpfliches Thema und da auf den Tag der Liebe, dem Valentinstag, zusteuern, werden sich meine Beiträge im Februar vor allem mit der Liebe beschäftigen.

*https://www.coursera.org/learn/positive-psychology  Die Definition von Liebe stammt von Barbara Fredicksons, die das Buch ‚Love 2.‘ geschrieben hat und dieses Seminar geleitet hat.

6 Kommentare zu „Liebe – eine Definition

  1. Danke, Christiane. Ich habe das auch schon erlebt, dass ich mich für einen kurzen Moment mit einem Fremden sehr verbunden gefühlt habe und dabei ein starkes Glücksgefühl empfunden habe. Liebe ist eben mehr als Verliebtsein und es gibt nicht nur Liebe in Zweierbeziehungen, sondern auch unter Menschen. Allerdings kann man sie nicht erzwingen, sondern sie nur als Geschenk erhalten. Wünsche Dir einen schönen Sonntagabend und eine gute Woche. LG Trina 🙂

  2. Danke, das ist ein wunderbarer Kommentar und ich stimme Dir aus ganzem Herzen zu. Wenn wir nicht wüssten, wie sich Unglücklichsein, Unzufriedenheit und Leere anfühlen, wüssten wir nicht, wie sich Glück, Zufriedenheit und Erfüllung anfühlen. Letztendlich geht es auch nie darum, ein dauerhaftes Gefühl von Glück zu erreichen, denn das wäre auf Dauer sicherlich auch eher monoton und freudlos, sondern danach zu streben, ein möglichst erfülltes Leben zu führen, zu dem positive Gefühle dazu gehören, ebenso wie dunkle Zeiten, denn an denen wachsen wir in der Regel am meisten.
    Ich stimme Dir zu, dass Veränderung und Wachstum nur durch abweichendes Verhalten und Querdenken entstehen können, das in den meisten Fällen ein Resultat von Unzufriedenheit und Frustration ist. An der positiven Psychologie schätze ich, dass sie sich nicht auf die Defizite des Menschen konzentriert, nach dem Warum sucht, sondern darauf zu schauen, was Menschen stark macht, und wie sich Resilienz entwickelt. Glück wird nicht als Glückseligkeit oder Glücksduselei gesehen, sondern als Zustand von innerer Zufriedenheit und Verbundensein mit der Welt. Letztendlich ist sie entstanden als Gegenpol zur Defizit orientierten klinischen Psychologie und damit auch aus einer gewissen Unzufriedenheit.

  3. Liebe und Glück sind stark relativ. Hast Du mal darüber nachgedacht, dass „die Suche nach Glück“ und Unzufriedenheit eine der wichtigsten Motivationen des Menschen ist? Ohne Unzufriedenheit gäbe es keine Verbesserung und keinen Fortschritt. Wir sind davon abhängig unzufrieden zu sein. Das ist wichtig für die Verbesserung. Wie sagte schon Wild? „Gott behüte, dass ich perfekt bin. Dann hätte ich keine Möglichkeit mehr, besser zu werden.“

  4. Gute Definition, die ich teile. Liebe Fremden gegenüber klingt sehr merkwürdig, aber ja, das gibt es, ich habe es schon erlebt. Bin sehr gespannt auf deine Fortsetzung.
    Liebe Grüße
    Christiane

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