Mein Rückfall in altes, vertrautes Verhalten hat mir noch mal deutlich gemacht, dass mein ungesundes Essverhalten im Wesentlichen durch zwei Faktoren ausgelöst wird:
Erstens: Zucker:
Ich habe schon lange den Verdacht , dass Zucker bei mir Fressattacken und fast schon suchtartiges Verhalten und Denken bei mir auslöst. Schon eine kleine Praline kann dazu führen, dass ich kurz darauf immer mehr Appetit auf Naschzeug und fettigem Essen bekomme. Ich werde richtig unruhig und es ist mir schon passiert, dass ich spät am Abend, als der Kiosk schon zu hatte und ich spät arbeiten musste, sämtliche Schränke in unserer Abteilung durchsucht habe, um irgendwie an Süßes zu kommen.
Meist beginnt der Kreislauf aber schon, wenn ich zum ersten Stück greife. Dann flüstert mein gieriges Ich: „so dick bist Du doch gar nicht“. „Ay, du bist 52, da ist es doch egal, da sind doch fast alle dick“, oder „guck mal Renate an, die wiegt auch so viel wie Du und sieht doch gar nicht so schlecht aus“ oder, „nur heute, einen Tag darf man ruhig mal über die Stränge schlagen“ usw. usw.
Zweitens: Psychischer Stress:
Wenn ich viel zu tun habe, meine Arbeit gut schaffe, dabei in einen Flow komme, dann denke ich überhaupt nicht an Essen.
Anders ist es, wenn ich viel zu tun habe, dabei ständig unterbrochen werde, es Konflikte zwischen den Mitarbeitern oder mit den Mitarbeitern gibt, wenn dann noch andere unerfreuliche Dinge hinzukommen, wie Schlafmangel, unerwartet hohe Rechnungen, nörgelnder Mann, Anrufe von meiner Mutter zur denkbar schlechtesten Zeit, viele Termine am Abend. Womöglich noch gepaart mit hormonbedingten Stimmungsschwankungen. Das geht ein paar Tage gut, wenn dieser Zustand aber über längere Zeit anhält und an den Wochenenden aufgrund von familiären und sonstigen Verpflichtungen keine Zeit bleibt, mein Gleichgewicht wieder zu finden, dann kann ich dem ersten Stück Schokolade nur schwer widerstehen. Gleichzeitig wächst mein Bedürfnis nach fettreicher, deftiger, warmer Nahrung.
Es reicht also nicht, einfach nur Zuckerhaltiges aus dem Speiseplan zu streichen und Bewegung und Sport in den Alltag zu integrieren.
Gleichzeitig gilt es, herauszufinden, wie ich in stressigen Zeiten, die ja zu jedem Leben dazugehören, mein Gleichgewicht behalten kann. Es sind ja weniger die äußeren Umstände, als meine Art, mit ihnen umzugehen, die den Stress auslösen. Im Verdacht habe ich da mein Bedürfnis nach Kontrolle, Angst vor Versagen und Ablehnung, hohe Leistungsorientierung, übermäßiges Harmoniebedürfnis, Tendenz zur Selbstverleugnung, wenig Übung, die eigenen Grenzen und Bedürfnisse wahrzunehmen und generell die Neigung, alles andere und alle anderen für wichtiger zu halten, als mich selbst gepaart mit dem Größenwahnsinn, dass ich die Einzige bin, die alles richtig machen kann.
Nun ja, Selbsterkenntnis ist mir noch nie sonderlich schwer gefallen, die Kunst besteht jedoch darin, die schädigenden Überzeugungen, Einstellungen und Verhaltensmuster in positive neue zu verwandeln und – das ist für mich die noch größere Hürde – das eigene Verhalten dann auch entsprechend zu ändern.
Ich werde es üben….